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Impfung gegen COVID-19 auf der Spur

Interdisziplinäres Erlanger Forschungsprojekt erhält Förderung vom Bundesforschungsministerium

Nichts Geringeres als die Entwicklung einer passiven Impfung gegen COVID-19 hat sich ein Forscherteam des Universitätsklinikums Erlangen und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und seine Partner vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig sowie vom Deutschen Primatenzentrum in Göttingen vorgenommen. Ziel des ambitionierten Projekts ist es, monoklonale Antikörper zu entwickeln, mit denen zum Beispiel medizinisches Personal, Betreuer in Alten- und Pflegeheimen sowie Hochrisikopatienten geschützt werden können. Außerdem könnten sich solche Antikörper eignen, schwer an COVID-19 erkrankte Patienten zu therapieren. Im Rahmen des Förderaufrufs zur Erforschung von COVID-19 wird das interdisziplinäre Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ab Mai mit 500.000 Euro unterstützt.

Bei einer passiven Impfung, wie sie die Erlanger Forscher anstreben, werden den Patienten Antikörper injiziert, die sich bei einer möglichen Infektion gegen einen ganz speziellen Krankheitserreger richten. Die Immunität gegen die Krankheit bleibt allerdings nur eine begrenzte Zeit erhalten, da der Körper die Antikörper nach und nach wieder abbaut. Eine aktive Immunisierung bedeutet hingegen, dass den Patienten ein abgeschwächter Erreger oder dessen Bestandteile geimpft werden. Der Körper lernt so, die passenden Antikörper selbst zu bilden und behält diese Fähigkeit bestenfalls ein Leben lang.

„Natürlich ist ein aktiver Impfstoff die bessere Alternative“, erklärt Prof. Dr. Thomas Winkler vom Nikolaus-Fiebiger-Zentrum für Molekulare Medizin der FAU. „Doch bis dieser zur Verfügung steht, ist ein passiver Schutz eine sehr gute Option für bestimmte Risikogruppen. Wir rechnen bei dieser passiven Impfung mit einem Schutz von etwa zwei bis drei Monaten.“

Wichtige Vorarbeiten bereits abgeschlossen

Mehr als 25 Antikörper, die sich für einen Impfstoff eignen könnten, haben die Erlanger Wissenschaftler bisher identifiziert. Die Dringlichkeit ihres Projekts fest im Blick, sind sie bei ihrer Suche zwei Wege parallel gegangen.

Das Team um Prof. Winkler hat die ersten deutschen COVID-19-Patienten, die bereits Ende Januar erkrankten, um Blutproben gebeten und diese analysiert. In den Blutproben von fünf Genesenen haben die Biologen rund 2.000 verschiedene Antikörpergene identifiziert. Von 20 bisher getesteten Antikörpern sind etwa ein Drittel gegen das Coronavirus gerichtet. Prof. Dr. Hans-Martin Jäck, Leiter der Molekular-Immunologischen Abteilung des Uni-Klinikums Erlangen, und sein Team haben Antikörper aus genveränderten Mäusen gewonnen. Die Mäuse, die von Prof. Jäck in Zusammenarbeit mit der Biotechfirma Trianni in Erlangen entwickelt wurden, wurden dazu mit Bestandteilen des Coronavirus geimpft und bildeten aufgrund ihrer genetischen Veränderung menschliche Antikörper aus. Auch hier wurden bereits 20 Antikörper identifiziert, die gegen das Coronavirus gerichtet sind.

Die besten dieser Antikörper werden nun von den Wissenschaftlern um Prof. Dr. Klaus Überla, Direktor des Virologischen Instituts – Klinische und Molekulare Virologie des Uni-Klinikums Erlangen, auf ihre Fähigkeit getestet, die Virusinfektion in einem Zellkultursystem zu verhindern. Dabei sucht das Erlanger Team nach einer ganz bestimmten Fähigkeit: Die Antikörper müssen sich an das sogenannte Spike-Protein des SARS-CoV-2-Virus binden und dieses so möglichst komplett deaktivieren.

Das Spike-Protein ist die schärfste Waffe und gleichzeitig die Schwachstelle des Coronavirus: Es braucht das Protein, damit es eine Zelle befallen kann. Allerdings können Antikörper das Virus anhand des markanten Spike-Proteins erkennen, sich daran binden und das Eindringen des Virus in die Zelle verhindern.

Im nächsten Schritt übernehmen die Partner am Deutschen Primatenzentrum in Göttingen, wo getestet wird, ob die Ergebnisse, die aus Zellkulturen gewonnen werden, sich auch im Tierversuch bestätigen lassen. Die beteiligten Wissenschaftler betonen, dass mit ersten klinischen Studien an menschlichen Patienten frühestens in sechs Monaten zu rechnen sei. „All dies sind unerlässliche Schritte auf dem Weg, schon bald Patienten mit der möglichen passiven Impfung behandeln zu können, der sicher, verträglich und vor allem wirksam ist“, sagt Prof. Winkler. „Entscheidend ist allerdings auch, dass wir zeitnah Biotech- oder Pharmafirmen mit Erfahrung in der Herstellung und Zulassung von Antikörpertherapeutika einbinden. Mit etwas Glück könnte dann in neun Monaten ein passiver Impfstoff bereitstehen.“

Quelle: uni | mediendienst | forschung Nr. 24/2020

Weitere Informationen:

Pressestelle der FAU
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E-Mail: presse(at)fau.de